Können Sie uns bitte etwas über menschlichen und göttlichen Stolz sagen?
Sri Chinmoy: Mein menschlicher Stolz fühlt, dass ich alles kann. Mein göttlicher Stolz, der Stolz, der sich dem Willen Gottes überantwortet hat, weiß, dass ich nur dann alles kann, wenn der Supreme mich inspiriert, mich führt und mir hilft.
Mein menschlicher Stolz will, dass die Welt mich, meine Liebe, meine Hilfe und mein Opfer versteht. Mein göttlicher Stolz, der das Gefühl des Einsseins aller in Gott ist, wünscht sich nicht, dass die Welt meine selbstlosen Aktivitäten versteht. Er fühlt, dass es keine größere Belohnung geben kann, als wenn Gott mich versteht und meine Motive kennt.
Mein menschlicher Stolz trinkt das heiße Wasser des Lebens - Leiden, Kämpfe und Zweifel - ohne einen Löffel zu benutzen. Als Ergebnis verbrenne ich mir die Zunge. Mein göttlicher Stolz trinkt das gleiche heiße Wasser, sogar unendlich mehr, aber er benutzt einen Löffel dazu und deshalb leide ich nicht. Dieser Löffel ist der Löffel der Befreiung, befreit von den Fußeisen der Unwissenheit.
Mein menschlicher Stolz fürchtet sich viele Dinge zu sagen und schämt sich viele Dinge zu tun. Mein göttlicher Stolz fürchtet sich nicht, irgendetwas zu sagen und schämt sich nicht irgendetwas zu tun, denn er weiß, dass Gott zugleich Handelnder und Handlung ist. Wovor sollte ich mich fürchten? Worüber sollte ich mich schämen?
Mein menschlicher Stolz zertritt die Menschheit mit vom Menschen erworbener Kraft. Mein göttlicher Stolz befreit die Menschheit mit gottgegebener Macht.
Wenn ich sage, dass Gott mein ist und ich Ihn nach Belieben benutzen kann, so hege ich meinen menschlichen Stolz. Wenn ich aber sage, dass ich Gottes bin und mein Dasein gehorsam Ihm zu Füßen liegt, dann hege ich göttlichen Stolz.
Die materielle Welt spricht zu meinem menschlichen Stolz: “Jeder von uns wird entweder siegen oder scheitern und vergehen.” Die spirituelle Welt spricht zu meinem göttlichen Stolz: “Wir werden uns gemeinsam bemühen und gemeinsam den Sieg erringen.”