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Hoffnung und Leben

Sri Chinmoy hielt den folgenden Vortrag am 20. Februar 1974 in der Foreign Student Lounge der Clemson University in Clemson, South Carolina, USA.


Ich möchte einen kurzen Vortrag über einen der Leitsprüche von South Carolina geben. Wie Sie alle wissen, hat South Carolina zwei Leitsprüche: „Im Geist und mit Ressourcen gewappnet“ ist das eine Motto, und das andere lautet: „Solange ich atme, hoffe ich“. Über den zweiten Leitspruch möchte ich von einem spirituellen Standpunkt aus ein paar Worte sagen.

Hoffnung ist Leben. Hoffnung ist Fortschritt. Jedes einzelne Leben ist eine Idee Gottes, ein Plan Gottes und eine traumerfüllende Wirklichkeit Gottes. Die Hoffnung mag die Gottesidee; die Hoffnung liebt den Gottesplan; die Hoffnung dient der traumerfüllenden Wirklichkeit Gottes.

Es gibt zwei Leben: das Begierdeleben und das Strebensleben. Das Begierdeleben beginnt mit Selbstzerstreuung und endet in Selbstzerstörung. Das Strebensleben beginnt mit Selbsterforschung und endet in der Gott-Entdeckung. Das heutige Leben ist für uns Gott in Vorbereitung, und das morgige Leben wird für uns Gott in vollkommener Vollendung sein, Gott in seiner Manifestation auf Erden.

Zwei Leben: menschliches Leben und göttliches Leben. Das menschliche Leben schreit nach Lebendigkeit; das göttliche Leben lebt um darzubringen. Das menschliche Leben bemisst sich nach Jahren; das göttliche Leben bemisst sich in erleuchtendem und erfüllendem Fortschritt. Das menschliche Leben will immerzu genießen, ohne zu lernen. Das göttliche Leben will zuerst lernen und dann genießen. Das menschliche Leben will nichts lernen und lernt auch nichts. Es ist zufrieden mit dem, was es bekommt, nämlich Unwissenheit. Es genießt die Unwissenheit nach Herzenslust. Das göttliche Leben will lernen; es will die Lehren der Ewigkeit erlernen. Während es die Lehren der Ewigkeit erlernt, genießt das göttliche Leben die Glückseligkeit der Unsterblichkeit.

Leben und Hoffnung sind untrennbar. Das Leben ist der Körper, und die Hoffnung ist die intuitive Gottheit in uns; die Gottheit, die über die Wirklichkeit, die wir gegenwärtig sind, hinausschreiten will. Hoffnung ist die Suche des Menschen, Hoffnung ist der innere Drang des Menschen, Hoffnung ist der aufsteigende Flug des Menschen ins Jenseits.

Wir alle gehen die Straße der Ewigkeit entlang. Wenn ein nicht strebender, gewöhnlicher Mensch diese Straße entlanggeht, folgen ihm einige seiner sogenannten Freunde: Angst, Zweifel und Sorge. Wenn diese Freunde ihn einholen, machen sie ihn zu dem, was sie selbst sind: ängstlich, zweifelnd und von Sorgen geplagt.
Gott ist das Ziel. Er ist der Weg. Er ist der ewige Reisende. Wenn Gott seine ewige Straße zum stets über sich selbst hinauswachsenden Jenseits entlanggeht, kann die ganze Welt, geführt von der Hoffnung, Ihm folgen. Wenn die Hoffnung Ihn erreicht, macht Gott die Hoffnung zu Seinem liebsten Freund, seinem ewigen Partner und ewigen Verwirklicher Seines Traumes.

Das Leben und die Hoffnung hängen gänzlich von der inneren Weisheit ab. Hier auf Erden haben wir zwei Arten von Weisheit: weltliche Weisheit oder weltliches Wissen und himmlische Weisheit oder himmlisches Wissen. Hier auf Erden bewegen sich und tanzen vidya und avidya - Wissen und Unwissenheit - miteinander. Vor tausenden von Jahren gaben uns die vedischen Seher folgende Botschaft:

Vidyam cavidyam ca yas tad vedobhyam saha
Avidyaya mrtyum tirtva vidyayamrtam asnute.

Jener, welcher Wissen und Unwissenheit als Eines weiß und versteht,
durch die Unwissenheit schreitet jenseits des Totenreichs,
durch das Wissen zu ewigem Leben gelangt
und in tiefen Zügen das Licht der Unsterblichkeit trinkt.

Was jene „Unwissenheit“ nennen, ist das weltliche Wissen, und was sie „Wissen“ nennen, ist die himmlische Weisheit. Mit weltlichem Wissen versuchen wir, über das Reich des Todes hinauszugehen, und mit himmlischer Weisheit versuchen wir, die Glückseligkeit der Unsterblichkeit zu genießen.

Wenn wir ins spirituelle Leben eintreten, sehen und fühlen wir in jedem Augenblick: Gott ist der Handelnde, Gott ist die Tat, und Gott ist die Frucht. Aufgrund dieser Erkenntnis fühlen wir, dass wir reichlich Gelegenheit haben, unsere innere Göttlichkeit zu enthüllen. Ein Leben auf dieser Welt ist nicht zum Vergnügen da; ein Leben auf dieser Welt ist da zur Selbst-Anerbietung. Selbst-Anerbietung macht uns letztendlich zu dem, was Gott ist.
Jeder Tag ist eine goldene Gelegenheit für uns, ein neues Leben, eine neue Dämmerung hervorzubringen. Mit jedem Tag beschleunigen wir unseren Fortschritt hier auf Erden. Wir treten in das Reich Gottes ein, das in uns ist, im tiefsten Inneren unseres Herzens. Wenn wir regelmäßig, ergeben und seelenvoll beten und meditieren, erkennen wir, dass das Leben nicht nur bedeutungsvoll und fruchtbar ist, sondern tatsächlich Gottes sich hier auf der Erde manifestierende Wirklichkeit ist. Und uns wird klar, dass die Hoffnung der Vorbote der alles enthüllenden und alles erfüllenden Wirklichkeit von morgen ist.

Das Leben ist der Wagen. Die Hoffnung ist der Motor. Das Streben ist der Treibstoff. Gott ist das Ziel.